Definition, Synthese, Resorption, Transport und Verteilung
Methionin

L-Methionin gehört zu den essentiellen (lebensnotwendigen) Aminosäuren und kann vom menschlichen Organismus nicht selbst hergestellt werden. Demnach ist eine ausreichende Zufuhr mit der Nahrung von erheblicher Bedeutung.

Methionin stellt eine wichtige Schwefelquelle in der Nahrung des Menschen dar. Es hat ein Schwefel-Atom in der Seitenkette zwischen der CH2- und CH3-Gruppe organisch gebunden. Die CH3-S-CH2-R– Bindung wird auch Thioether genannt, wobei das R für den organischen Rest des Methioninmoleküls steht.
Neben Methionin zählt auch Cystein zu den schwefelhaltigen Aminosäuren, das mit einem weiteren Cysteinmolekül unter Ausbildung einer Disulfidbrücke – Bindung zwischen zwei Schwefelatomen, S-S-Bindung – zu Cystin reagiert [1, 8, 9, 18].
Die Aufnahme des Spurenelements Schwefel erfolgt vorwiegend in Form des S-haltigen Methionins und Cysteins [3].

Da die Seitengruppe von Methionin weder eine positive noch negative Ladung trägt, ist Methionin eine neutrale, unpolare Aminosäure, die für die endogene Synthese von Proteinen benötigt und aus diesem Grund als proteinogen bezeichnet wird [2, 5, 19].

Bei der Proteinbiosynthese dient Methionin im Rahmen der Translation als Starter-Aminosäure.
Die Proteinbiosynthese beziehungsweise Genexpression bezeichnet die Herstellung eines Proteins oder Polypeptids und besteht aus dem Vorgang der Transkription – Bildung der messenger-RNA aus der DNA – und Translation – Synthese eines Proteins aus der messenger-RNA.
Die im Zytosol von Zellen stattfindende Translation ist der Transkription nachgelagert ist und beinhaltet die Abschreibung der messenger-RNA (mRNA) unter Beteiligung von Ribosomen und transfer-RNA-Molekülen (tRNA). Die mRNA gelangt von dem Ort seiner Synthese, dem Zellkern, an Proteine gebunden durch die Kernporen in das Zytosol der Zellen. Die tRNA-Moleküle liefern die Aminosäuren für die Proteinbiosynthese und binden an die mRNA, während die Ribosomen durch Translokation (Ortsveränderung) auf der mRNA die einzelnen Aminosäuren zu einem Polypeptid miteinander verknüpfen. Die Ribosomen sind schließlich dafür verantwortlich, die Basensequenz der mRNA in eine Aminosäuresequenz und damit in ein Protein umzusetzen.
Die Proteinbildung aus einzelnen Aminosäuren beginnt immer an dem Startcodon AUG der mRNA. Die drei Basen Adenin-Uracil-Guanin – Basentriplett, Codon – kodieren speziell für Methionin. Demnach muss die den Anfang der Proteinbiosynthese (Neubildung von Proteinen) machende tRNA mit Methionin beladen sein, um mit ihrem Basentriplett UAC unter Einfluss eines Ribosom an das Startcodon der mRNA binden zu können.
In einem weiteren Schritt lagert sich ebenfalls unter Mitwirken des Ribosom eine zweite, mit einer Aminosäure beladenen tRNA an das folgende Codon der mRNA an. Welche Aminosäuren von den tRNA-Molekülen geliefert werden, hängt von der Funktion des zu synthetisierenden Proteins ab, die das Protein nach seiner Fertigstellung im Organismus wahrnehmen soll.
Im Anschluss wird die Aminosäure der zweiten tRNA, beispielsweise Alanin, enzymatisch auf Methionin übertragen, indem Alanin und Methionin durch eine Peptidbindung miteinander verknüpft werden – Entstehung eines Dipeptids. Durch Translokation des Ribosom auf der mRNA und Anlieferung weiterer Aminosäuren mit Hilfe von tRNA-Molekülen, wird das Dipeptid zu einer Peptidkette verlängert.
Die Polypeptidkette wächst so lang, bis eines der drei Stoppcodons der mRNA erscheint. Die mit Aminosäuren beladenen tRNA-Moleküle binden nicht mehr, das synthetisierte Protein wird abgespalten und die mRNA löst sich vom Ribosom. Das fertiggestellte Protein kann nun im Organismus seine Funktion wahrnehmen.
Aufgrund der Bedeutung als Starter-Aminosäure bei der Translation stellt Methionin – die erste N-terminale Aminosäure – jedes Proteins dar [12].

Intestinale Resorption

Methioninreiches Nahrungsprotein, wie Ei-, Fisch-, Leber-, Paranuss- und Vollmaisprotein, wird bereits im Magen durch das eiweißspaltende Enzym Pepsin in kleinere Spaltprodukte, wie Poly- und Oligopeptide zerlegt [1].
Der Ort der hauptsächlichen Proteolyse (Proteinverdauung) ist der Dünndarm. Dort kommen die Peptide mit spezifischen Proteasen (proteinspaltende Enzyme) in Kontakt, die die einzelnen Aminosäuren, aus denen die Poly- und Oligopeptide bestehen, freisetzen.
Die Proteasen werden im Pankreas (Bauchspeicheldrüse) gebildet und als Zymogene (inaktive Vorstufen) in den Dünndarm sezerniert. Kurz vor Ankommen von Nahrungsprotein erfolgt die Aktivierung der Zymogene durch Enteropeptidasen, Calcium und das Verdauungsenzym Trypsin [2, 5, 19].

Im Lumen des Dünndarms werden Peptide unter Einfluss der Proteasen Chymotrypsin B und C im Molekülinneren gespalten, wodurch Methionin am C-terminalen Ende der Peptidkette freigesetzt wird. Methionin befindet sich nun am Ende des Proteins und ist somit zugänglich für die Abspaltung durch die Zink-abhängige Carboxypeptidase A.
Carboxypeptidasen sind Proteasen, die ausschließlich Peptidbindungen des Kettenendes angreifen und so bestimmte Aminosäuren vom Carboxy- oder Aminoende der Proteinmoleküle abspalten. Sie werden entsprechend als Carboxy- oder Aminopeptidasen bezeichnet [2, 5, 19].

Methionin kann entweder als freie Aminosäure oder gebunden an andere Aminosäuren, in Form von Di- und Tripeptiden, resorbiert werden.
In freier, ungebundener Form wird Methionin überwiegend aktiv und elektrogen im Natrium-Cotransport in die Enterozyten (Mukosazellen) des Dünndarms aufgenommen. Triebkraft dieses Prozesses ist ein zellwärts gerichteter Natriumgradient, der mit Hilfe der Natrium-/Kalium-ATPase aufrechterhalten wird.
Ist Methionin noch Teil von Di- oder Tripeptiden, so werden diese gegen ein Konzentrationsgefälle im Protonen-Cotransport in die Enterozyten transportiert. Intrazellulär erfolgt die Zerlegung der Peptide durch Amino- und Dipeptidasen in freie Aminosäuren, darunter Methionin.
Methionin verlässt die Enterozyten über verschiedene Transportsysteme entlang des Konzentrationsgradienten und wird über das Pfortaderblut zur Leber transportiert.

Die intestinale Absorption von Methionin ist mit beinahe 100 % fast vollständig. Dennoch gibt es Unterschiede in der Schnelligkeit der Absorption. Essentielle Aminosäuren, wie Methionin, Leucin, Isoleucin und Valin, werden im Gegensatz zu nichtessentiellen Aminosäuren wesentlich schneller absorbiert [2, 5, 19].

Die Aufspaltung der Nahrungs- und körpereigenen Proteine in niedermolekulare Spaltprodukte ist nicht nur für die Peptid- und Aminosäureaufnahme in die Enterozyten wichtig, sondern dient auch der Auflösung des artfremden Charakters des Proteinmoleküls sowie der Ausschließung von immunologischen Reaktionen [9].

Literatur

  1. Arndt K, Albers T: Handbuch Protein und Aminosäuren. 63-72, 128, 189-199, 248. 2. Auflage Novagenics Verlag 2004
  2. Bender DA: Intoduction to Nutrition and Metabolism. Taylor and Francis Ltd., London, Neuauflage September 2007
  3. Biesalski H, Grimm P, Nowitzki-Grimm S: Taschenatlas Ernährung. 7. Auflage, Thieme, 2017
  4. Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K: Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. 83, 450-451. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2002
  5. Bowman BA, Russel RM (eds.): Present Knowledge in Nutrition. International Life Sciences Institute, Washington, D.C.; 9th ed.; 2006
  6. Dorfman D, DiRocco A, Simpson D et al.: Oral methionine may improve neuropsychological function in patients with AIDS myelopathy: results of an open-label trial. AIDS. 1997 Jul;11(8):1066-7.
  7. Dudman NP, Temple SE, Guo XW, Fu W, Perry MA: Homocysteine enhances neutrophil-endothelial interactions in both cultured human cells and rats in vivo. Circ Res. 1999 Mar 5;84(4):409-16.
  8. Elmadfa I. Leitzmann C: Ernährung des Menschen. 172-173. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart; 2004
  9. Hahn A, Ströhle A, Wolters M: Ernährung - Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 46-65. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2006
  10. Jacobsen DW: Homocysteine and vitamins in cardiovascular disease. Clin Chem. 1998 Aug;44(8 Pt 2):1833-43.
  11. Keating JN, Trimble KC, Mulcahy F et al.: Evidence of brain methyltransferase inhibition and early brain involvement in HIV-positive patients. Lancet 337: 935-939; 1991
  12. Königshoff M, Brandenburger T: Kurzlehrbuch Biochemie. 108-110, 380-410. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York; 2004
  13. McAuley DF, Hanratty CG, McGurk C et al.: Effect of methionine supplementation on endothelial function, plasma homocysteine, and lipid peroxidation. J Toxicol Clin Toxicol. 1999;37(4):435-40.
  14. Pietrzik K, Bronstrup A: The role of homocysteine, folate and other B-vitamins in the development of atherosclerosis. Arch Latinoam Nutr. 1997 Jun;47(2 Suppl 1):9-12.
  15. Poddar R, Sivasubramanian N, Robinson K, Jacobsen DW: Homocysteine modulates the expression of a specific cytokine (monocyte chemoattractant protein 1) in human aortic endothelial cells. Circulation 96: 1286; 1997
  16. Resch KL (Hrsg.): Homocystein und Arteriosklerose. GFI Gesellschaft für medizinische Information, München, 1995
  17. Reuss F: Die Bedeutung der schwefelhaltigen Aminosäuren in der Ernährung und Sportmedizin. Fitness News 7: 31; 1998
  18. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Orthomolekulare Prävention und Therapie. 324-325. Urban & Fischer, München; 2004
  19. Shils ME, Olson JA, Shike M, Rossi AC, (Eds.): Modern Nutrition in Health and Disease. Williams and Wilkons, London, Munich; 10th ed. 2005

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