Sicherheitsbewertung
Beta-Carotin

Das Expertengremium für Vitamine und Mineralstoffe des Vereinigten Königreichs (Expert Group on Vitamins and Minerals, EVM) hat letztmalig im Jahr 2003 Vitamine und Mineralstoffe hinsichtlich ihrer Sicherheit bewertet und für jeden Mikronährstoff, sofern ausreichend Daten vorlagen, einen sogenannten Safe Upper Level (SUL) oder Guidance Level (Richtwert) festgesetzt. Dieser SUL bzw. Guidance Level gibt die sichere Höchstmenge eines Mikronährstoffs wieder, die bei täglicher, lebenslanger Zufuhr aus allen Quellen keinerlei Nebenwirkungen hervorruft.

Die sichere tägliche Höchstmenge für Beta-Carotin liegt bei 7 mg [1].
Die sichere tägliche Höchstmenge für Beta-Carotin entspricht dem 1,75- bis 3,5-fachen der täglichen Zufuhrempfehlung der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung). 

Dieser Wert gilt für Nichtraucher und berücksichtigt nur die Aufnahme von isoliertem Beta-Carotin aus Nahrungsergänzungen zusätzlich zur konventionellen Zufuhr über die Nahrung.

Die sichere tägliche Höchstmenge gilt nicht für starke Raucher und für Personen, die Asbest ausgesetzt sind.

Für gesunde Nichtraucher existieren keinerlei Hinweise, dass eine hohe Beta-Carotin-Zufuhr, weder in isolierter Form noch über konventionelle Lebensmittel, unerwünschte Effekte hervorruft.
Mengen bis zu 300 mg Beta-Carotin täglich über mehrere Jahre als hochdosiertes Medikament zur Behandlung von erythropoetischer Protoporphorphyrie (EPP) blieben ohne negative Effekte bei sonst gesunden Nichtrauchern [1].

Auch kann eine erhöhte Beta-Carotin-Zufuhr nicht zu einer Vitamin A-Überdosierung mit entsprechender Symptomatik der Überdosierung führen, da Beta-Carotin kontrolliert aufgenommen und nur bei Bedarf in Vitamin A umgewandelt wird.

Die Zufuhr großer Mengen Beta-Carotin (30 mg pro Tag und mehr), sowohl in Form von Nahrungsergänzungen als auch in Form von konventionellen Lebensmitteln, kann zu einer Carotenodermie (Gelbfärbung der Haut) führen. Die Gelbfärbung der Haut ist jedoch mit keinerlei gesundheitlichen Problemen verbunden und geht nach Reduktion der Beta-Carotin-Zufuhr wieder zurück.

Für Raucher gilt als Vorsichtsprinzip:

Für isoliertes Beta-Carotin aus Nahrungsergänzungen und angereicherten Lebensmitteln zeigen 2 Studien an Rauchern und Asbestarbeitern ein erhöhtes Risiko für Bronchialkarzinom (Lungenkrebs):

  • In der sogenannten ATBC-Studie (The Alpha-Tocopherol, Beta-Carotene Cancer Prevention Trial) mit 29.133 Teilnehmern führte die tägliche Einnahme von 20 mg Beta-Carotin, eingenommen über 5 bis 8 Jahre, zu einer um 18 % höheren Bronchialkarzinomrate (Lungenkrebsrate) [3].
  • Die CARET-Studie (The Beta-Carotene Cancer and Retinol Efficiency Trial) mit 18.314 Teilnehmern zeigte bei 30 mg Beta-Carotin pro Tag, eingenommen über 21 Monate, eine 28 % höhere Rate für Bronchialkarzinome als in der Placebogruppe (Kontrollgruppe) [4].

Die Teilnehmer beider Studien waren starke Raucher, entwöhnte Raucher oder ehemalige Asbestarbeiter.

Dem gegenüber stehen jedoch 2 weitere große Studien, welche bei vergleichbaren Mengen Beta-Carotin keine negativen Effekte feststellen konnten:

  • In der Physicians Health Studie mit 22.071 Teilnehmer (11 % der Teilnehmer waren Raucher, 39 % waren entwöhnte Raucher) führte die Einnahme von 50 mg Beta-Carotin alle zwei Tage, eingenommen über einen Zeitraum von 13 Jahren, zu keinen negativen Effekten in Bezug auf die Bronchialkarzinomrate und auf die Tumorrate (Krebsrate) allgemein [5].
  • Ebenso konnten in der Heart Protection Study mit 20.536 Teilnehmern und einer Zufuhr von 20 mg Beta-Carotin täglich, über einen Zeitraum von 5 Jahren, keine negativen Effekte nachgewiesen werden [6].

Ein Anhaltspunkt für die unterschiedlichen Ergebnisse könnte der Einfluss einer Beta-Carotin-Supplementierung auf die Beta-Carotin-Konzentration im Blut sein. Wie die Studienlage zeigt, scheint eine Beta-Carotin-Supplementierung bei Rauchern nur dann unbedenklich zu sein, wenn dadurch die Beta-Carotin-Blutplasmawerte nicht über 3 µmol/l steigen.

Dieser womöglich kritische Blutplasmaspiegel von über 3 µmol Beta-Carotin pro Liter wurde sowohl in der ATBC-Studie als auch in der CARET-Studie erreicht bzw. überschritten, während die Werte in der Physicians´ Health Study und auch in der Heart Protection Study darunter lagen [7].  

Fazit

Aus den bisherigen Studien lässt sich keine direkte Dosis-Wirkungs-Beziehung für isoliertes Beta-Carotin ableiten. Daher ist nach wie vor unklar, ab welcher Menge isoliertes Beta-Carotin negative Effekte bei Rauchern hat. Aus Gründen der Vorsicht wird starken Rauchern daher von einer hohen Beta-Carotin-Zufuhr in Form von Nahrungsergänzungen über einen längeren Zeitraum  abgeraten [8].

Mengen an isoliertem Beta-Carotin in Höhe des von der DGE ausgesprochenen unteren Schätzwertbereichs von 2 mg sind auch für starke Raucher absolut unbedenklich und führen nicht zu erhöhten Blutplasmaspiegel über 3 µmol/l.

Eine hohe Beta-Carotin-Zufuhr über konventionelle Lebensmittel führte auch bei Rauchern zu keinen unerwünschten Nebenwirkungen. Der Konsum Beta-Carotin-reicher Obst- und Gemüsesorten ist somit auch für diese Personen ohne Einschränkungen möglich [2].

Mit einer normalen Mischkost, also einer Zufuhr von Beta-Carotin in Höhe des von der DGE ausgesprochenen Schätzwertbereichs von 2 bis 4 mg, erreicht die Beta-Carotin-Konzentration im Blutplasma Werte von 0,4 bis 0,75 µmol/l (200 bis 400 µg/l) [7].

Literatur

  1. Expert Group on Vitamins and Minerals; Safe upper levels for vitamins and minerals, UK, Food Standards Agency Publications 2003
  2. Hahn A., Ströhle A., Wolters M
    Ernährung - Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie.
    Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2006
  3. Heinonen OP, Albanes D (1994) The effect of vitamine E and beta carotene on the incidence of lung cancer and other cancers in male smokers. The alpha-tocopherol, beta carotene cancer prevention study group. N. Engl. J. Med. 330: 1029-1035.
  4. Omenn GS, Goodman GE, Thornquist MD, Balmes J, Cullen MR, Glass A, Keogh JP, Meyskens FL, Valanis B, Williams JH, Barnhart S, Cherniack MG, Brodkin CA, Hammar S (1996) Risk factors for lung cancer and for intervention effects in CARET, the Beta-Carotene and Retinol Efficacy Trial. J. Natl. Cancer Inst. 88: 1550-1559.
  5. Hennekens CH, Buring JE, Manson J-AE, Stampfer M, Rosner B, Cook NR, Belanger C, LaMotte F, Gaziano JM, Ridker PM, Willet W, Peto R (1996) Lack of effect of long-term supplementation with beta carotene on the incidence of malignant neoplasms and cardiovascular disease. N. Engl. J. Med. 334: 1145-1149.
  6. Heart Protection Study Collaborative Group (2002) MRC/BHF heart protection study of antioxidant vitamin supplementation in 20 536 high-risk individuals: a randomised placebocontrolled trial. Lancet 360: 23-33.
  7. Bundesinstitut für Risikobewertung: Domke A., Großklaus R., Niemann B., Przyrembel H., Richter K., Schmidt E., Weißenborn A., Wörner B., Ziegenhagen R. (Hrsg.)
    Verwendung von Vitaminen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte Teil 1.; BfR-Hausdruckerei Dahlem, 2004
  8. Biesalski, H. K.; Köhrle, J.; Schümann, K.; Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag; Stuttgart/New York 2002

     
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