Quercetin – Funktionen

Quercetin hat in der wissenschaftlichen Forschung zunehmend an Aufmerksamkeit gewonnen dank seiner vielfältigen pharmakologischen Eigenschaften, die das Potenzial für die Behandlung und Prävention zahlreicher Krankheiten aufzeigen.

Antioxidative Eigenschaften

Quercetin erlangt sein besonderes Interesse für die menschliche Gesundheit durch seine ausgeprägten antioxidativen Kapazitäten. In der Substanzklasse der Flavonoide wird es als effektivstes Antioxidans (effektiver als Anthocyanidine aus der Weintraube (OPC) und Catechine aus Grüntee) angesehen. Nach der Aufnahme über den Verdauungstrakt wirkt es als wirkungsvoller Radikalfänger im menschlichen Organismus. Dies ist von besonderer Bedeutung, da freie Radikale eng mit verschiedenen pathologischen (krankhaften) Prozessen wie Entzündungsreaktionen im Körper verbunden sind. Die Grundlagenforschung hat gezeigt, dass Quercetin höchstwahrscheinlich das antioxidative System auf mehrere Arten günstig beeinflusst [1, 2]:

  • Neutralisierung freier Radikale, was zu einer Verringerung oxidativen Stresses führt.
  • Fähigkeit zur Bindung reaktiver Metallionen, wodurch die Bildung weiterer Sauerstoffradikale verhindert wird.
  • Hemmung der Oxidation von LDL-Cholesterin, was die Lipidperoxidation reduziert.
  • Stimulierung der Produktion von Glutathion, einem wichtigen körpereigenen Antioxidans.
  • Stimulierung der Aktivität antioxidativer Enzyme.

Antiinflammatorische Eigenschaften

Quercetin zeigt ebenfalls ausgeprägte antiinflammatorische (antientzündliche) Eigenschaften. In Grundlagenversuchen wurde festgestellt, dass Quercetin die Freisetzung von entzündlichen Zytokinen (Botenstoffe) begrenzt, die Aktivität von entzündungsfördernden Enzymen wie COX-2 reduziert und die NF-κB-Signalkette hemmt. Außerdem wurde gezeigt, dass Quercetin die Aktivität des Enzyms Myeloperoxidase (MPO) reduziert, was wiederum die durch MPO vermittelten oxidativen Reaktionen dämpft. Das Enzym MPO wird von Leukozyten (neutrophilen Granulozyten) und Makrophagen (Fresszellen) in Entzündungsherden ausgeschüttet, einschließlich lokaler Entzündungen in der atheromatösen Aorta. Diese genannten Eigenschaften können dazu beitragen, chronische Entzündungsprozesse zu reduzieren, die mit einer Vielzahl von Krankheiten, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und neurodegenerativen Erkrankungen, in Verbindung stehen [3-6].

Antivirale Eigenschaften

Quercetin verfügt über antivirale Eigenschaften, die auf verschiedene Weisen wirken. Einer der Schlüsselmechanismen besteht darin, dass Quercetin den Transkriptionsfaktor NRF2 stabilisieren kann. Besonders vielversprechend ist die Anwendung von Quercetin bei Personen im fortgeschrittenen Alter und bei Menschen mit Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Mit zunehmendem Alter und bei Vorliegen solcher Erkrankungen kann die Aktivität von NRF2 abnehmen. Quercetin könnte in diesen Fällen die NRF2-Aktivität unterstützen und somit die Abwehr gegen Viren stärken. Ein weiterer antiviraler Mechanismus von Quercetin sind seine ionophoren („Ionen-tragenden“) Eigenschaften. Diese Eigenschaften sind besonders im Zusammenhang mit der Erkrankung COVID-19 von Interesse. Grundlagenversuche haben gezeigt, dass Zinkionen die Replikation des neuartigen Coronavirus hemmen können. Quercetin fungiert als Ionophor und erleichtert den Transport von Zinkionen in die Zelle, was zur Hemmung der Virenreplikation beitragen kann [7-9].

Antihyperglykämische Eigenschaften

Quercetin zeigt eine Vielzahl von vorteilhaften Effekten im Zusammenhang mit der Insulinregulation und dem Glucosestoffwechsel. Diese diskutierten Wirkungen umfassen u. a. [10-13]:

  • Verringerung der Insulinresistenz: Quercetin kann zur Verringerung der Insulinresistenz beitragen, und zwar zum Teil durch die Erhöhung der Expression von SIRT1, einem Enzym, das eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Insulinstoffwechsels spielt.
  • Verbesserte Insulinproduktion und -ausschüttung: Quercetin kann einer Funktionsstörung der Beta-Zellen im Pankreas (Bauchspeicheldrüse) entgegenwirken, die oft durch oxidativen Stress und Entzündungen verursacht wird. Es kann zudem die Proliferation der Beta-Zellen erhöhen und so die Produktion und Freisetzung von Insulin steigern.
  • Erhöhte Glukoseaufnahme: Es werden mehrere Mechanismen diskutiert, wie Quercetin die Glukoseaufnahme in Leber- und Muskelgewebe erhöhen kann. Einerseits wird es mit der Aktivierung der AMPK in Verbindung gebracht, eine Proteinkinase, die eine Schlüsselrolle in der Energiehomöostase spielt und die Hochregulation von GLUT-4 (einem Glukosetransporter) fördert. Andererseits wurde gezeigt, dass Quercetin die Anzahl der Insulinrezeptoren erhöht, was die insulinabhängige Glukoseaufnahme steigert.

Neuroprotektive Eigenschaften

Wichtige neuroprotektive (nervenschützende) Mechanismen, die mit Quercetin in Verbindung gebracht werden, umfassen die Verringerung von oxidativem Stress, teilweise durch die Hochregulation des Nrf2-ARE-Signalwegs. Zusätzlich gehören dazu die Unterdrückung der Neuroinflammation, was sich in der Herunterregulation von Mikroglia und Astrozyten sowie der Reduzierung von NF-κB und proinflammatorischen (entzündungsfördernden) Mediatoren wie TNF-alpha, IL-6, IL-1beta, COX-2, NOS2 und iNOS äußert. Weitere Mechanismen umfassen die Hemmung der Acetylcholinesterase, die Chelatisierung von Eisen, die Aktivierung von SIRT1 (was sich unter anderem positiv auf den Energiestoffwechsel und die Neurogenese auswirkt) und die Verbesserung der mitochondrialen Funktion durch eine gesteigerte ATP-Produktion. Weiterhin könnte die Reduzierung von (neurotoxischen) Beta-Amyloid-Plaques und neurofibrillären Tangles im Gehirn zur möglichen neuroprotektiven Wirkung von Quercetin beitragen [14-17].

Antikanzerogene Eigenschaften

Quercetin zeigt antikanzerogene (krebshemmende) Eigenschaften, zu denen die Reduzierung von oxidativem Stress und die Prävention von DNA-Schäden und Mutationen gehören. Zudem kann es die Reparatur von DNA-Schäden unterstützen und Entzündungen u. a. durch die Hemmung von NF-κB und COX-2 verringern. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass Quercetin zur Hemmung der Tumorinitiierung beitragen kann, teilweise durch die Hemmung von Enzymen, die Karzinogene aktivieren, sowie durch die Inaktivierung von Onkogenen und die Aktivierung von Tumorsuppressor-Genen wie p53. Quercetin zeigt sowohl intrinsische als auch extrinsische Mechanismen bei der Induktion des Zelltods, einschließlich Apoptose (programmierter Zelltod), Nekrose (Gewebeschäden durch Absterben von Zellen) und Autophagie (Prozess in Zellen, mit dem sie eigene Bestandteile abbauen und verwerten). Zudem kann es die Invasion, Migration und Metastasierung von Tumorzellen und die Bildung neuer Blutgefäße (Angiogenese), hemmen, teilweise durch die Hemmung von Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) und vaskulärem endothelialem Wachstumsfaktor (VEGF) [18-24].

Literatur

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