Ein Vitamin K-Mangel beruht hauptsächlich auf
- Chronische gastrointestinale Erkrankungen, zum Beispiel mangelhafte Absorption bei Morbus Crohn, herabgesetzte Verwertung bei Leberzirrhose und Cholestase, Transportstörungen beispielsweise durch Lymphabflussstörungen oder zu wenig Carrierprotein (VLDL) [1, 3, 4]
- Interaktionen mit Arzneimitteln – vor allem wird bei längerfristiger Anwendung von Antibiotika (beispielsweise Ampicillin, Cephalosporine oder Tetracycline) oder durch Überdosierung von Antikoagulanzien (Cumarinderivaten wie beispielsweise Marcumar) der Vitamin K-Zyklus über Enzymhemmung blockiert [1, 4]
- Unzureichende Zufuhr, insbesondere bei Patienten mit Essstörungen, wie Bulimia nervosa, oder bei parenteraler Ernährung ohne ausreichende Substitution [1, 3, 4, 8]
Der Anstieg der Thromboplastinzeit infolge der niedrigen Gerinnungsaktivitäten im peripheren Blut kann Hämorrhagien (Blutungen) folgenden Ausmaßes zur Folge haben.
- Einblutungen in Gewebe und Organe (sichtbare Hämorrhagien in Magen-Darm- und Urogenitaltrakt, Lunge, Haut sowie Schleimhaut; nicht sichtbare Hämorrhagien in Gehirn, Leber, Nebenniere und Retina) [8, 9]
- Blutungen aus Körperöffnungen [9]
- Hämatemesis (Bluterbrechen) [9]
- Hepatogene (von der Leber ausgehende) hämorrhagische Diathese – erhöhte Blutungsneigung mit zu langer, zu starker oder zu schnell auslösbarer Blutung [3]
- Spontanblutungen, inadäquate Blutungen bei Verletzungen (Koagulopathie – erhöhte Blutungsneigung durch Störung der Plasmafaktoren mit Ausbildung von Hämatomen (Blutungen in Geweben unter der Haut und in Muskulatur) und bei schweren Formen eines Hämarthros (Bluterguss in einem Gelenk) [3]
- Inadäquate Blutungen nach Operationen [9]
Ursachen der Vitamin K-Unterversorgung bei Neugeborenen und gestillten Säuglingen
- Geringer Vitamin K-Transfer durch die Plazenta [3, 5, 6, 9, 10, 12]
- Die bakterielle Vitamin K-Synthese im Darm ist anfangs noch unzureichend [5, 6, 9, 10, 12]
- Die unreife Leber ist noch nicht in der Lage, ausreichende Mengen an Gerinnungsfaktoren zu synthetisieren [2, 5, 6, 10, 12]
- Erst nach Wochen kommt es zum Angleich der Aktivitäten der Vitamin A-abhängigen Gerinnungsproteine an das Niveau des Erwachsenen [3]
- Geringer Vitamin K-Gehalt in der Muttermilch, insbesondere wenn gestillte Säuglinge in den ersten Tagen zu wenig trinken (etwa 0,5 µg/100 ml) [5, 6, 10, 12]
- Neugeborene, die mit industriell hergestellter Säuglingsanfangsnahrung (Vitamin K-Gehalt nach der DiätVO mindestens 4 µg/100 ml) ernährt werden, sind gefährdet, einen Vitamin K-Mangel zu entwickeln, wenn die Ernährung nicht am ersten Lebenstag beginnt [5, 6, 10, 12 ]
- Erniedrigte Prothrombinwerte, die bis zum dritten Tag nach der Geburt auf 20-40 % der Erwachsenennorm absinken [2]
- Verlängerte Prothrombinzeit – 19-22 Sekunden, normal 13 Sekunden [2, 3]
Ein Morbus hämorrhagicus neonatorum ist durch eine dramatische Verminderung der Gerinnungsfaktoren 2, 7, 9 und 10 charakterisiert, die zu schweren Blutungen führt [2, 3, 8, 9].
- Zwischen dem 2. und 7. Lebenstag (klassische Form) kommt es zu Magen-Darm-Blutungen und zum Blutaustritt aus Körperöffnungen und Nabel [9, 10, 12]
- Die späten Blutungen – meist nach der 3. Lebenswoche beziehungsweise nach 1-3 Monaten – sind problematischer, insbesondere wenn es zu starken Blutungen nach Verletzungen, Schleimhautblutungen, blutigem Stuhl (Meläna) und schweren Organ- und Hirnblutungen kommt [3, 8, 9, 10, 12]
- Intrakranielle Blutungen können zu neurologischen und sensorischen Schäden führen [9]
Neugeborene, deren Mütter innerhalb der Schwangerschaft Medikamente gegen Epilepsie beziehungsweise Arzneimittel zur Blutverdünnung eingenommen, tragen für die Entstehung eines Morbus hämorrhagicus neonatorum ein besonders hohes Risiko [10, 12]. Bei der mütterlichen Einnahme von Cumarinderivaten in der Frühschwangerschaft sind Neugeborene ebenfalls gefährdet, schwere Blutungen – insbesondere Hirnblutungen – zu entwickeln. Die Zufuhr dieser Antikoagulanzien kann darüber hinaus beim Säugling zu Skelettdeformitäten und Hörschäden sowie zu Störungen im Aufbau von Knochengewebe durch Hemmung der Osteocalcinbildung führen (fetales Warfarin-Syndrom) [7].
Literatur
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