Funktionen
L-Carnitin

Die wesentliche Aufgabe von L-Carnitin im Stoffwechsel ist die Funktion als „Biocarrier“ (Transportstoff).

Fettsäuretransport

Nur gebunden an Carnitin – in Form von Acyl-Carnitin-Verbindungen – sind langkettige Fettsäuren, die vorwiegend aus dem Fettgewebe mobilisiert werden, in der Lage, die innere Mitochondrienmembran passieren zu können, um im Anschluss mittels der energieliefernden beta-Oxidation verbrannt zu werden [3, 8, 10]. Bei diesem Prozess wird L-Carnitin nicht „verbraucht“, sondern wieder neu gebildet [3, 7].  Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass L-Carnitin auch eine Bedeutung für den Stoffwechsel mittelkettiger Fettsäuren hat – jedoch nicht für den Transport in die Mitochondrien – „Kraftwerke“ der eukaryotischen Zellen –, sondern für die Oxidation (Verbrennung) [11].  

Energiegewinnung

Infolge der carnitinabhängigen mitochondrialen Fettsäureoxidation – Fettverbrennung – kommt es zur Gewinnung von Energie in Form von ATP – die universelle Form unmittelbar verfügbarer Energie in jeder Zelle und zugleich ein wichtiger Regulator energieliefernder Prozesse – [7, 8, 10].  

Da Organe wie Leber, Nieren, Herz- und Skelettmuskulatur hauptsächlich ihren Energiebedarf aus Fetten decken, sind sie besonders auf L-Carnitin angewiesen.

Achtung!
Bei Carnitin-Mangel können infolge von Energiebereitstellungsproblemen die Funktionen von unter anderem Herz, Leber und Nieren beeinträchtigt werden [2, 3]

  • L-Carnitin ist Bestandteil einiger in der Mitochondrienmembran lokalisierter Enzyme [7, 8]

Die enge Beziehung zwischen dem Carnitin- und Lipoproteinstoffwechsel bestätigen Untersuchungen an Patienten mit Störungen des Lipidstoffwechsels. Eine Gabe von 1 g Carnitin pro Tag führte zu einer Verminderung der Triglyceride im Serum und zu einer Erhöhung des HDL-Cholesterins [4]. Bei Patienten mit Typ-II- und Typ-IV-Hyperlipoproteinämie – Fettstoffwechselstörung mit einem zu hohem Gehalt an Lipoproteinen im Blut – reduzierte sich unter einer täglichen Substitution von 3 g Carnitin die Triglycerid- und Cholesterinkonzentration [4, 10].
Darüber hinaus wirken sich Carnitin-Supplementationen auch positiv unter Hämodialyse (Blutwäsche) aus, wobei es zu einem Abfall der Carnitinkonzentration im Serum um etwa 50 % kommt. Carnitingaben verhindern bei Betroffenen den sonst zu beobachtenden Anstieg freier Fettsäuren im Serum, wodurch die Bedeutung der Substanz für die Fettsäureoxidation bestätigt wird [8].
 

Bedeutung von Carnitin als „Schlankheitsmittel“ und „Leistungsförderer“ im Sport

Die Auslobung von Carnitin beruht auf der Vorstellung, durch eine vermehrte Aufnahme von L-Carnitin den Fettsäuretransport in die Mitochondrien und damit die Fettsäureoxidation (Fettverbrennung) zu steigern [3, 7]. Aus diesem Grund wird für carnitinhaltige Schlankheitsmittel geworben, die die Fettverbrennung ankurbeln und den Aufbau von Fettdepots verhindern sollen. Diese Hypothese kann jedoch mit folgender Tatsache widerlegt werden – die Fettakkumulation erfolgt bei Carnitinmangel nicht im Fettgewebe, sondern in der Herz- und Skelettmuskulatur sowie in der Leber [13]. Die Aussagen über L-Carnitin als Schlankheitsmittel sind rein hypothetisch wissenschaftliche Belege dafür stehen noch aus [14]!

Daneben wird L-Carnitin im Sport als einer der am stärksten wirkenden Leistungsförderer gehandelt und ist deshalb als „Nichtdrogen-Dopingmittel“ bekannt [7, 8]. Einige Studien konnten diese Hypothese bestätigen und eine positive Wirkung einer zusätzlichen Carnitineinnahme auf den aeroben und anaeroben Stoffwechsel der Muskulatur – Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel – feststellen.

Folgende Ergebnisse konnten in Bezug auf L-Carnitin und Leistungsfähigkeit erzielt werden:

  • Ankurbelung der Energiebereitstellung aus Fettsäuren, die zu einer Glykogeneinsparung führt und so das Auftreten von Müdigkeitserscheinungen verzögert [9]
  • Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahme [3]
  • Verminderung der Herzfrequenz [3]
  • Absinken des Lactatspiegels [3]
  • Verminderung von Muskelschwäche [3]
  • Erhöhung der Ausdauerleistung [3]

Diese Befunde konnten in anderen Untersuchungen jedoch nicht bestätigt werden. Verschiedene Interventionsstudien machen den ausgelobten additiven Effekt von L-Carnitin aus verschiedenen Gründen biochemisch unwahrscheinlich [1, 3, 13].

Wissenschaftliche Argumente gegen die postulierte Leistungssteigerung durch L-Carnitin:

  • Carnitin wird als Biocarrier nicht „verbraucht“, sondern regeneriert – eine Umsatzsteigerung des Fettstoffwechsels führt somit nicht zu einem Mehrbedarf an Carnitin [1, 13].
  • Eine Supplementation mit Carnitin während etwa einem Monat erhöht die Carnitinkonzentration im Plasma, aber nicht die Konzentration in der Muskulatur [1, 5, 13]
  • Hohe Speicherkapazitäten von > 100 mmol von einem täglichen Bedarf von nur 0,1 mmol lassen die körpereigene Carnitinbiosynthese selbst bei einer Diät ausreichend erscheinen [1, 13]
  • Bei intensiven Ausdauerbelastungen ist die Carnitinausscheidung über die Niere nur um 0,25 % in Relation zum Körperspeicher erhöht und noch über die Hälfte des intrazellulären Carnitins liegt in freier Form vor [1, 13]
  • Bei gesteigerter Lipolyse (Fettverdauung) werden verstärkt Ketosäuren gebildet, die kein Carnitin als Carrier benötigen [1, 13]

In einer Doppelblind-Crossover Studie von „COLOMBANI et al.“ führte die Zufuhr von 2 g L-Carnitin zwei Stunden vor einem Marathon und nach 20 km – abgesehen von einer Erhöhung der Carnitin-Werte im Blut – zu keinen signifikanten Veränderungen unter anderem der

  • Laufzeit
  • Plasmakonzentrationen der Kohlenhydrat-Metaboliten – Glucose, Lactat, Pyruvat 
  • Fettmetaboliten – freie Fettsäuren (FFS), Glycerol, b-Hydroxybutyrat   
  • Enzyme – Creatinkinase (CK), Laktatdehydrogenase (LDH) [6]

Bei einem submaximalen Lauftest am Morgen nach dem Marathonlauf wurden ebenfalls keine Veränderungen der gemessenen Parameter festgestellt.

In einer weiteren Studie wurden 20 männlichen und weiblichen Sprintern über 7 Tagen jeweils 3 g L-Carnitin/d verabreicht. Bei einer intensiven Laufbandergometerbelastung und einem 200-Meter-Lauf konnten keine positiven Effekte auf die Leistungsfähigkeit, die Herzfrequenz und Lactatansammlung gemessen werden. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine kurzfristige L-Carnitin-Substitution weder die Leistungs- und Regenerationsfähigkeit bei Ausdauersportlern noch die Fettverbrennung verbessert [3, 6].
Weitere Studien sind erforderlich zur endgültigen Klärung dieser Fragestellung.

Literatur

  1. Barnett C, Costill DL, Vukovich MD, Cole KJ, Goodpaster GH, Trappe SW, Fink WJ: Effect of L-carnitine supplementation on muscle and blood carnitine content and lactate accumulation during high-intensity sprint cycling. Int J Sport Nutr. 1994 Sep;4(3):280-8.
  2. Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K: Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe.60, 589. Georg Thieme Verlag; Stuttgart/New York 2002 
  3. Biesalski HK, Fürst P, Kasper H, Kluthe R, Pölert W, Puchstein Ch, Stähelin HB: Ernährungsmedizin.143, 235-236. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1999 
  4. Böhles H: Carnitin – Biochemie und Klinik. Infusionstherapie 1985;12:60–69  
  5. Brass EP: Supplemental carnitine and exercise. Am J Clin Nutr. 2000 Aug;72(2 Suppl):618S-23S.
  6. Colombani et al.: Effects of L-carnitine supplementation on physical performance and energy metabolism of endurance-trained athletes: a double-blind crossover field study. Eur J Appl Physiol Occup Physiol. 1996;73(5):434-9.
  7. Hahn A: Nahrungsergänzungsmittel. 225-227. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2001  
  8. Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. 23. Urban & Fischer Verlag, 2004 Elsevier GmbH, München, Jena
  9. Niestroj I: Praxis der Orthomolekularen Medizin. 17, 74, 77, 95. Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1999, 2000 11. 
  10. o.V: A role for carnitine in medium-chain fatty acid metabolism? Nutr Rev. 1991 Aug;49(8):243-5. 
  11. Schek A: L-Carnitin: Sinn und Unsinn der Substitution einer körpereigenen Substanz. Teil 1: Zur Physiologie und sinnvollen Substitution. Ernährungs-Umschau 41 (1): 9-15 (1994a)
  12. Schek A: L-Carnitin: Sinn und Unsinn der Substitution einer körpereigenen Substanz. Teil 2: Zur fragwürdigen und unsinnigen Substitution. Ernährungs-Umschau 41 (2): 60-67 (1994b)
  13. Schek A: Ernährungsbezogene Leistungsförderer versus leistungsbezogene Ernährung. 1. Nährstoff-Substitution und ergogene Nahrungs-/Genussmittel. Ernährungs-Umschau 42 (7): 243-249 (1995)
  14. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. 224-226. Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2000  

 

     
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