Jod – Sicherheitsbewertung

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European food safety authority, EFSA) hat letztmalig im Jahr 2006 Vitamine und Mineralstoffe hinsichtlich ihrer Sicherheit bewertet und für jeden Mikronährstoff, sofern ausreichend Daten vorlagen, einen sogenannten Tolerable Upper Intake Level (UL) festgesetzt. Dieser UL gibt die sichere Höchstmenge eines Mikronährstoffs wieder, die bei täglicher, lebenslanger Zufuhr aus allen Quellen keinerlei Nebenwirkungen hervorruft.

Die sichere tägliche Höchstmenge für Jod liegt bei 600 µg [1].
Die sichere tägliche Höchstmenge für Jod entspricht dem 4-fachen
der empfohlenen Tagesdosis der EU (Nutrient Reference Value, NRV).

Die oben angegebene sichere tägliche Höchstmenge gilt für Erwachsene ab 18 Jahren sowie für Schwangere und Stillende. Die sichere tägliche Höchstmenge gilt nicht für Bevölkerungsgruppen mit Jodmangelsymptomen und für Personen, welche mit Jod therapeutisch behandelt werden.

In Ländern mit vorherrschendem Jodmangel sollte die tägliche Höchstmenge 500 µg nicht überschreiten, um das Auftreten einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) zu vermeiden [1].

Das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) hält für Deutschland aufgrund der verbreiteten Jodmangelsituation und der dadurch erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Jod innerhalb der Bevölkerung ebenfalls nur eine tägliche Höchstmenge von 500 µg Jod für sicher. Nach den Kriterien der WHO zählt Deutschland zu den Jodmangelgebieten [2].

Die Angaben der NVS II (Nationale Verzehrsstudie II, 2008) zur täglichen Aufnahme von Jod aus allen Quellen (konventionelle Ernährung und Nahrungsergänzungen) lassen erkennen, dass eine unbewusste Überschreitung der sicheren täglichen Höchstmenge unwahrscheinlich ist [3]. Die Zufuhr einer derartigen Menge ist überhaupt nur vorstellbar bei Kombination einer außerordentlich hohen Zufuhr über die Nahrung und einer bewussten zusätzlichen hohen Aufnahme von Jod über Nahrungsergänzungen.

Der LOAEL (Lowest Observed Adverse Effect Level) – die niedrigste Dosis eines Stoffes, bei der gerade noch negative Auswirkungen beobachtet wurden – liegt bei 1.700 µg Jod pro Tag für Erwachsene [2]. Der LOAEL wurde durch Studien an Gesunden mit normaler Schilddrüsenfunktion festgelegt. Für Personen mit Autoimmunerkrankungen oder gestörter Schilddrüsenfunktion, sowie bei Menschen mit Jodmangel, kann der LOAEL weitaus niedriger liegen, da dieser Personenkreis empfindlicher auf eine hohe Jodzufuhr reagiert.

Unerwünschte Effekte einer überhöhten Jodzufuhr können durch verschiedene Umstände in Erscheinung treten [2]:

  • eine akute Jodvergiftung durch Aufnahme sehr großer Jodmengen
  • Bei Aufnahme extrem hoher Mengen an Jod (bis zu 15.000 mg) kam es zu Nebenwirkungen wie Erbrechen, Krämpfen, Anurie (verminderte Harnausscheidung von weniger als 100 ml in 24 Stunden), Fieber und Koma mit zum Teil tödlichem Ausgang. Solch hohe Mengen an Jod wurden z. B. beabsichtigt oder unbeabsichtigt über Jodtinkturen zur Desinfektion zugeführt. Eine Aufnahme von Jod in diesen Größenordnungen ist über die konventionelle Ernährung und vorschriftsmäßig dosierte Nahrungsergänzungen nicht möglich.

Störung der Schilddrüsenfunktion durch dauerhaft zu niedrige oder zu hohe Jodmengen aus der Nahrung

Sowohl eine langfristig zu niedrige Aufnahme unter 50 µg Jod pro Tag als auch eine zu hohe Aufnahme über 500 µg Jod pro Tag sind mit einem zunehmenden Risiko für Störungen der Schilddrüsenfunktion verbunden. 1.000 µg Jod und mehr pro Tag können von gesunden Erwachsenen in der Regel ohne unerwünschte Nebenwirkungen vertragen werden. Allerdings ist diese Obergrenze bei Bevölkerungsgruppen mit einem Jodmangel deutlich niedriger, denn die Empfindlichkeit gegenüber einer hohen Jodzufuhr ist abhängig von der Jodversorgung in der Vergangenheit.

So kann eine überhöhte Jodaufnahme von über 1.000 µg am Tag je nach Menge und Empfindlichkeit der Person zu verschiedenen Krankheitsbildern führen. Möglich sind eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), eine Immunthyreopathie (abgekürzt: IHT; Synonyme: Morbus Basedow, Basedow-Krankheit; es handelt sich dabei um eine Autoimmunkrankheit der Schilddrüse, die zu einer Schilddrüsenüberfunktion führt), eine Hashimoto-Thyreoiditis (Synonyme: Struma lymphomatosa Hashimoto, lymphozytäre Thyreoiditis und Ord-Thyreoiditis; Autoimmunerkrankung, die zu einer chronischen Schilddrüsenentzündung führt), eine akute Blockade der Jodaufnahme in der Schilddrüse sowie in seltenen Fällen Überempfindlichkeitsreaktionen.

Bei Gesunden können akute Joddosen von 2.000 bis 10.000 µg am Tag eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) auslösen. Bei Bestehen einer funktionellen Autonomie des Schilddrüsengewebes (autonomes Adenom/heißer Knoten, welcher eigenständig/unkontrolliert Hormone produziert), eines Morbus Basedow oder eines Jodmangels können schon überhöhte Jodmengen von 500 µg am Tag eine Schilddrüsenüberfunktion auslösen.

Seltene Überempfindlichkeitsreaktionen nach Aufnahme extrem hoher Dosen: Eine Jodüberempfindlichkeit bzw. Jodallergie wurde in seltenen Fällen nach Anwendung von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln, jodhaltigen Desinfektionsmitteln und jodhaltigen Kosmetika beobachtet. Bei oraler Aufnahme physiologischer Jodmengen über die Nahrung wurden solche Nebenwirkungen nicht beobachtet.

 

Literatur

  1. Scientific Committee on Food (SCF) and Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA) of EFSA, Tolerable Upper Intake Levels for Vitamins and Minerals, European Food Safety Authority 2006, ISBN: 92-9199-014-0
  2. Bundesinstitut für Risikobewertung: Domke A, Großklaus R, Niemann B, Przyrembel H, Richter K, Schmidt E, Weißenborn A, Wörner B, Ziegenhagen R (Hrsg.) Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte, Teil 2, BfR-Hausdruckerei Dahlem, 2004
  3. Max-Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (Hrsg.); Nationale Verzehrsstudie II, Ergebnisbericht, Teil 2; Karlsruhe, 2008