Funktionen
Gamma-Linolensäure (GLA)

Die physiologische Wirkung der Gamma-Linolensäure basiert auf ihrer Funktion als Ausgangssubstanz von Eicosanoiden und auf ihrer Eigenschaft als Bestandteil von Zellmembranen. 

Vorstufen von Eicosanoiden – Immunmodulation

Gamma-Linolensäure ist das Ausgangssubstrat für die Dihomo-Gamma-Linolensäure. Aus der letzteren entsteht unter dem Einfluss des Enzyms Cyclooxygenase die Prostaglandine der Serie 1  PGE1, PGD1, PGI1 und TXA1 [12, 19]. Prostaglandine gehören neben den Prostazyklinen, Thromboxanen und Leukotrienen zu der Gruppe der Eicosanoide. Das sind hormonähnliche Substanzen, die nur aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit einer Kettenlänge von 20 C-Atomen gebildet werden können [19]. 

Eicosanoide sind demnach oxygenierte Derivate folgender Fettsäuren [19]

  • Dihomo-Gamma-Linolensäure  C20:4 Omega-6
  • Arachidonsäure  C20:4 Omega-6
  • Eicosapentaensäure (EPA)  C20:5 Omega-3

Eicosanoide besitzen vielfältige hormonähnliche Funktionen und sind an folgenden physiologischen Prozessen beteiligt:

  • Regulation des Gefäßtonus  Blutdruck [10, 19, 31]
  • Blutgerinnung [10, 19, 31]
  • Regulierung der Blutplättchen  Thrombozyten-Aggregation, Prozess der Atherogenese [10, 19, 31]
  • Regulierung des Lipoproteinstoffwechsels [16]
  • Allergische und entzündliche Vorgänge [10, 19, 31]
  • Beeinflussung der Herzfrequenz und des Schmerzempfindens [10, 19, 31]
  • Einfluss auf die glatte Muskulatur und die Muskulatur des Uterus [10, 19, 31]

Je nach Ausgangssubstanz weisen Eicosanoide unterschiedliche beziehungsweise entgegengesetzte Wirkungsmechanismen auf. Während Prostaglandine der Serie 1, die aus der Dihomo-Gamma-Linolensäure hervorgehen, im Wesentlichen antiinflammatorisch (entzündungshemmend) wirken, fördern Prostaglandine der Serie 2, welche als Vorstufe die Arachidonsäure aufweist, entzündliche Prozesse, wie Schmerzen, Schwellungen, gesteigerte Durchblutung und Fieber [10, 19, 31]. 

Im Folgenden zu den Funktionen der Prostaglandine der Serie 1:

  • Herzkreislaufsystem – Gefäßdilatation (Gefäßerweiterung) [12, 19, 31]
  • Respirationstrakt  Relaxation [12, 19, 31]
  • Magen  Reduktion der Säuresekretion [12, 19, 31]
  • Inflammatorische Prozesse  Regulation der Sekretion von Entzündungssubstanzen; hemmt die Ausschüttung lysomaler Enzyme, die Gewebeschäden verursachen GLA wird aufgrund ihrer entzündungshemmenden Eigenschaften bei rheumatoiden Erkrankungen eingesetzt [12, 18, 19, 31]
  • Regulation der Hormonproduktion und der Nervenreizleitung – relevant zur Vorbeugung des Prämenstruellen Syndroms (PMS) – GLA kann einige Symptome, die mit dem PMS in Verbindung stehen, lindern, wie Kopfschmerzen, zyklisch Brustbeschwerden, Depression, Reizbarkeit und Blähungen [12, 14, 19, 31]; GLA kann zudem in Form von Borretsch- oder Nachtkerzenöl bei Vorliegen einer diabetischen Polyneuropathie eingesetzt werden [20]
  • Haut – immunregulatorische Wirkungen, kontrollierte Talgabsonderung – GLA findet insbesondere Anwendung zur Prävention von Ekzemen und Therapie des atopischen Ekzems (Neurodermitis) und Psoriasis (Schuppenflechte) [12, 19, 24, 30, 31]

Die Gamma-Linolensäure ist schließlich aufgrund der Synthese der Prostaglandine der Serie 1 von großer Bedeutung für wichtige Stoffwechselprozesse. Eine Umwandlung der GLA – über die Dihomo-Gamma-Linolensäure – in die Arachidonsäure, findet beim Menschen nur in geringem Maße statt, sodass die Arachidonsäure als Vorstufe von entzündungsfördernden Stoffwechselprodukten  Prostaglandine der Serie 2, wie TXA2, PGE2 und PGI2, sowie Leukotriene der Serie 4  nur eine untergeordnete Rolle spielt. Arachidonsäure wird insbesondere als einer der auslösenden Faktoren bei Entzündungsprozessen und der Entstehung von Schmerzsignalen bei Gelenkerkrankungen, wie der aktivierten Arthrose und weiterer Arthritis-Formen, verantwortlich gemacht [9, 10, 17, 19, 31].  

Wichtiger Hinweis!
Zur Bildung von höher ungesättigten Polyenfettsäuren und Eicosanoiden konkurrieren Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren um die gleichen Enzyme.
Sie benötigen sowohl die Delta-6-Desaturase zur Umwandlung von Linolsäure beziehungsweise Alpha-Linolensäure als auch die Cyclooxygenasen und Lipoxygenasen zur Bildung der Prostaglandine, Thromboxane und Leukotriene [1, 33]. Aus diesem Grund müssen beide Fettsäuretypen in einem unterschiedlichen Verhältnis zugeführt werden. Die Aufnahme an Omega-6-Fettsäuren muss höher sein, da die Affinität dieses Fettsäuretyps zu den Desaturasen  fügen Doppelbindungen ein  und Elongasen  verlängern die Kohlenstoffkette  geringer ist als bei den Omega-3-Fettsäuren [10].
Das optimale Verhältnis von Linolsäure (Omega-6-Fettsäure) zu Alpha-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure) liegt nach heutigem Kenntnisstand bei 5:1 [10]. Schließlich bestimmt das jeweilige Angebot von Omega-3- und -6-Fettsäuren die Menge an synthetisierten Eicosanoiden [10, 17, 19]. Dadurch ist es möglich, eine Vielzahl von Funktionsabläufen, die durch Eicosanoide gesteuert werden, diätetisch  das heißt über die Nahrungsaufnahme beeinflussbar  über eine Änderung des Fettsäureangebots zu beeinflussen [19, 33].

Bestandteile von Zellmembranen – strukturelle Funktion

Ein Großteil der essentiellen Fettsäuren wird in die Phospholipide der Zellmembranen sowie der Membranen von Zellorganellen, wie Mitochondrien und Lysosomen, eingebaut. Dort wirkt sich Gamma-Linolensäure günstig auf die Fluidität (Fließfähigkeit) und die davon abhängigen Zellfunktionen aus [9, 10, 19]. Phospholipide sind in allen Körperzellen, insbesondere in denen des Nervensystems zu finden. Das Gehirn enthält relativ gesehen die größte Menge an Strukturfett.
Schließlich ist Gamma-Linolensäure essentiell für das Gehirn, insbesondere für die  Nervenreizleitung. Auch für die Gehirnentwicklung des Fetus spielt GLA eine entscheidende Rolle [1, 9]. In Abhängigkeit spezieller Stimuli werden die Omega-3- und -6-Fettsäuren aus den Membranlipiden freigesetzt und für die Biosynthese von Eicosanoiden zur Verfügung gestellt [19].

Beeinflussung des atopischen Ekzems (Neurodermitis)

Neurodermitispatienten weisen einen Mangel an dem Enzym Delta-6-Desaturase auf, wodurch ihre Gamma-Linolensäure-Konzentration um etwa 50 % reduziert ist [6]. Schließlich führt ein Defizit an Gamma-Linolensäure zu einem Mangel an Prostaglandin E1. Die unzureichende Konzentration dieses Eicosanoids ist wahrscheinlich schon in der frühen Säuglingsphase für eine gestörte Ausreifung des zellulären Immunsystems mitverantwortlich und kann unter anderem mit einer lebenslangen Funktionsschwäche der T-Suppressor-Lymphozyten einhergehen [18]. Schließlich kann eine Zufuhr von Ölen, die reich an Gamma-Linolensäure sind, die Symptome von Patienten mit Neurodermitis lindern [26].

Grafik – Omega-6-Fettsäuren – Stoffwechselweg

Literatur

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