Histidin – Nebenwirkungen
Histidin (essenzielle Aminosäure) ist eine essenzielle Aminosäure mit zentraler Bedeutung für die Proteinsynthese (Eiweißaufbau im Körper), die Hämoglobinsynthese (Bildung des roten Blutfarbstoffs), immunologische Funktionen (Funktionen des Immunsystems), die Geweberegeneration (Erneuerung von Körpergewebe) sowie die neuronale Signalübertragung (Weiterleitung von Nervenimpulsen). Der tägliche Bedarf an Histidin wird bei gesunden Personen in der Regel vollständig über eine eiweißreiche Mischkost gedeckt. Nebenwirkungen treten nach aktueller Evidenz nicht bei üblicher Nahrungszufuhr, sondern nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit hoch dosierter Supplementierung (Einnahme als Nahrungsergänzungsmittel) auf.
Die empfohlene Zufuhr nach WHO/FAO/UNU (Weltgesundheitsorganisation/Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen/Universität der Vereinten Nationen) beträgt etwa 10 mg/kg Körpergewicht pro Tag (z. B. ca. 700 mg/Tag bei 70 kg Körpergewicht). Die durchschnittliche Aufnahme über die normale Ernährung liegt deutlich darüber (ca. 1.000-2.000 mg/Tag), ohne dass toxische Effekte (giftige Wirkungen) beschrieben sind. Ein tolerierbarer oberer Aufnahmewert (Upper Intake Level, UL; maximal empfohlene Tagesdosis) für Histidin ist bislang nicht definiert.
Mögliche Nebenwirkungen bei hochdosierter Histidin-Supplementierung
- Kopfschmerzen: In Einzelfällen wurden Kopfschmerzen bei hoch dosierter Histidin-Zufuhr (mehrere Gramm pro Tag) beschrieben. Als möglicher Mechanismus gilt eine vermehrte Bildung von Histamin (körpereigener Botenstoff aus der Gruppe der biogenen Amine) aus Histidin, welches zentralnervöse Effekte (Wirkungen auf das Gehirn und Nervensystem) vermitteln kann.
- Magen-Darm-Beschwerden: Übelkeit, abdominale Beschwerden (Bauchbeschwerden), Diarrhö (Durchfall) oder Erbrechen können bei sehr hohen oralen Dosen (Einnahme über den Mund) auftreten. Diese Effekte sind überwiegend aus Supplementstudien bekannt und nicht bei üblicher Nahrungszufuhr beobachtet.
- Zentralnervöse Effekte: Für mögliche Stimmungs- oder Verhaltensänderungen unter hoch dosierter Histidin-Gabe existieren vereinzelte Hinweise, die Datenlage ist jedoch begrenzt und uneinheitlich. Ein klinisch relevanter Zusammenhang (medizinisch bedeutsamer Zusammenhang) ist bislang nicht gesichert.
- Histaminassoziierte Symptome: Bei prädisponierten Personen (z. B. Histaminintoleranz – Unverträglichkeit gegenüber Histamin) kann eine erhöhte Histidin-Zufuhr theoretisch histaminvermittelte Symptome (durch Histamin ausgelöste Beschwerden) wie Flush (plötzliche Hautrötung), Kopfschmerzen, Pruritus (Juckreiz) oder gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darm-Beschwerden) verstärken. Schwere systemische Reaktionen (den ganzen Körper betreffende Reaktionen) sind selten und nicht regelhaft beschrieben.
Besondere Risikokonstellationen
- Niereninsuffizienz (eingeschränkte Nierenfunktion): Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann eine hoch dosierte Aminosäurezufuhr – einschließlich Histidin – zu einer erhöhten metabolischen Belastung (Mehrbelastung des Stoffwechsels) führen. Eine routinemäßige Supplementierung sollte hier nur nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung (Abwägung von Nutzen und möglichen Risiken) erfolgen.
- Schwangerschaft und Stillzeit: Histidin ist essenziell für fetales Wachstum (Wachstum des ungeborenen Kindes) und Laktation (Milchbildung). Für hoch dosierte Supplementierungen über den physiologischen Bedarf (normaler Körperbedarf) hinaus liegen jedoch keine ausreichenden Sicherheitsdaten vor.
- Kinder und Jugendliche: Trotz erhöhtem Bedarf in Wachstumsphasen besteht bei ausgewogener Ernährung kein Risiko eines Histidinmangels. Hochdosierte Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel in hoher Dosierung) sind in dieser Altersgruppe nicht routinemäßig empfohlen.
Empfehlungen zur sicheren Anwendung
- Physiologische Zufuhr: Die Deckung des Histidinbedarfs über eine proteinreiche, ausgewogene Ernährung gilt als sicher und ausreichend.
- Supplementierung: Bei Einsatz von Histidin als Nahrungsergänzung sollte eine Dosierung im niedrigen Gramm-Bereich nicht überschritten und eine zeitlich begrenzte Anwendung bevorzugt werden. Bei Auftreten von Nebenwirkungen ist die Dosis zu reduzieren oder die Einnahme zu beenden.
Fazit
Nach aktueller Evidenz ist Histidin bei üblicher Ernährung sicher. Nebenwirkungen sind selten und treten überwiegend im Kontext hoch dosierter Supplementierung auf. Ein definierter toxischer Schwellenwert (Grenzwert für schädliche Wirkungen) existiert nicht. Eine routinemäßige Supplementierung über den physiologischen Bedarf hinaus ist in der Regel nicht erforderlich und sollte nur indikationsbezogen (bei medizinischem Anlass) erfolgen.
Literatur
- World Health Organization (WHO), Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), United Nations University (UNU). Protein and amino acid requirements in human nutrition. WHO Technical Report Series No. 935. Geneva: WHO; 2007.
- Holeček M. Histidine in health and disease: metabolism, physiological functions, and clinical implications. Nutrients. 2020;12(3):848. https://doi.org/10.3390/nu12030848
- Hahn A, Ströhle A, Wolters M. Ernährung – Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 4. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2023.